Eine Geschichte von Rollstuhlfahrer/innen 


Eine Gruppe von Rollstuhlfahrern kam in ein Dorf und baute für sich die passende Infrastruktur auf. Nach einiger Zeit kamen Nichtbehinderte in das Dorf. Was passiert? Lesen Sie weiter……..
……es war einmal in einem fernen Land, da kamen mehr als tausend Rollstuhlfahrer zusammen und ließen sich in einem Dorf mit eigener Verwaltung nieder.
Selten besuchten Nichtbehinderte dieses Dorf, so dass die Rollstuhlfahrer alle Bereiche ihres Lebens selbst kontrollierten. Sie fertigten mit speziellen Hilfsmitteln die Waren, die sie in ihren Geschäften verkauften, betrieben Schulen, Banken, Postämter, Transportwesen des Ortes usw. Die Tatsachen, vom Rollstuhl aus dem täglichen Leben zu meistern, war für sie der normale Alltag. Sie sahen Rollstuhlfahrer auf dem Bildschirm und hörten sie im Radio. Nichtbehinderte Menschen waren selten zu sehen, wurden kaum erstanden. Die Rollstuhlfahrer entwarfen Gebäude, die ihrem körperlichen Zustand angepasst waren. So wurde es zur Regel, dass Türen 1,50 m und Zimmer bis 2 m hoch gebaut wurden. Diese Höhen wurden natürlich als Normen festgelegt. Jedermann im Dorf war glücklich. Nach und nach wurden alle Barrieren überwunden. Diese kleine Gesellschaft hatte ihre Umwelt mit ihren Bedürfnissen in Übereinstimmung gebracht.
Eines Tages mussten sich einige Nichtbehinderte, ohne dass sie es selbst entscheiden konnten, in diesem Dorf ansiedeln. Natürlich war eines der ersten Dinge, die sie bemerkten, die Höhe der Türen. Ständig stießen sie mit ihren Köpfen an die Türkanten. Bald waren alle gezeichnet durch blaue Flecken an der Stirn. Sie gingen zu den Dorfärzten, die natürlich Rollstuhlfahrer waren.
Bald beschäftigten sich die Rollstuhlfahrer-Ärzte, die Rollstuhlfahrer-Psychiater, ja selbst die Rollstuhlfahrer-Sozialarbeiter mit den Problemen der Nichtbehinderten.
Die Ärzte verfassten Berichte über die Schmerzen der Nichtbehinderten in der Gesellschaft. Sie sagten, dass die Prellungen und die Rückenschmerzen durch doppelt so häufiges bücken verursacht wurden. Die Ärzte meinten, diese nichtbehinderten Menschen litten unter dem "Verlust oder der Einschränkung der funktionellen Fähigkeit", welche eine Behinderung zur Folge hat. Es wurden schnell spezielle Hilfsmittel für die nichtbehinderten Mitglieder des Dorfes entworfen. Alle nichtbehinderten Menschen erhielten besonders verstärkte Helme, die sie ständig tragen mussten sowie spezielle Hosenträger, die Halt gaben und gleichzeitig den nichtbehinderten Träger auf der Höhe seiner Rollstuhlfahrerkollegen gebückt hielten. Einige Ärzte schlugen vor, die Nichtbehinderten in Rollstühle zu setzen, einzelne dachten sogar an Amputationen, um die Nichtbehinderten auf die im Dorf übliche Höhe herunter zu bringen. Dabei traten viele Probleme für die nichtbehinderten Menschen auf. Wenn sie Arbeit suchten, stellte sie keiner ein. Spezielle Experten mussten ausgebildet werden, um diese Probleme zu verstehen. Als sich ein Nichtbehinderter als Fernsehmoderator bewarb, wurde eine spezielle Medizinische Prüfung angeordnet, um festzustellen, ob er für diese Arbeit geeignet wäre. Leider war er dafür nicht zulässig. Durch die Hosenträger war er immer doppelt gebückt, so dass die Kamera nur den oberen Teil seines Kopfes zeigen konnte.
"Es ist wohl bekannt", schrieben die Rollstuhlfahrer-Ärzte, "wie schwierig es ist, mit den Nichtbehinderten zu kommunizieren, da es nicht leicht ist, ihren Gesichtsausdruck zu erkennen und ihnen in die Augen zu sehen, wenn sie doppelt gebeugt sind."
Freiwillige Vereine wurden geschaffen, um milde Gaben zu sammeln, und viele Geschäfte und Kneipen hatten einen umgestülpten Helm mit der Aufschrift
"Helft den nichtbehinderten Behinderten!". Dieser Helm wurde an den Kassen angebracht wo die Kunden ihr Kleingeld lassen konnten. Es gab auch ein kleines
Modell in der charakteristischen Pose der nichtbehinderten Behinderten - den Körper doppelt gebeugt - mit einer Sammelbüchse für weitere Spenden.
Aber eines Tages, als die Nichtbehinderten zusammen saßen und ihre Probleme diskutierten, merkten sie, dass sie von den Rollstuhlfahrern nie selbst um Rat gefragt worden waren.
Sie erkannten, dass es Lösungen für ihre Probleme möglich waren, die den Rollstuhlfahrern aber gar nicht einfallen konnten, weil sie eben nicht in ihrer Lage waren. Es fiel diesen nichtbehinderten behinderten Menschen ein, dass die
Ursache ihrer Schwierigkeiten vielleicht eine soziale Lösung hätte - sie schlugen vor, die Tür- und Zimmerhöhen zu verändern. Sie bildeten einen Verein, um für ihre Gleichberechtigung zu kämpfen. Natürlich dachten einige der Rollstuhlfahrer, die nichtbehinderten Behinderten könnten ihre Behinderung nicht akzeptieren und sich ihr nicht anpassen und reagierten aggressiv. Die nichtbehinderten Behinderten
argumentierten sogar, dass vielleicht, aber nur vielleicht ihre Behinderung durch Veränderungen überwunden werden könnte und verschwände...
So ergeht es uns Behinderten, die in einer Welt zurechtkommen müssen, die nur für Nichtbehinderte ist. Sicherlich hat sich in den letzten Jahren sehr viel getan und verbessert, jedoch gibt es leider immer noch Barrieren, die wir noch überwinden müssen. Wenn auch Sie der Meinung sind, das noch mehr getan werden muss oder einfach nur Ihre Freizeit, mit uns teilen möchten, wie z.B. mit uns ins Kino oder Theater gehen möchten, mit uns Kegeln oder Ausflüge machen möchten oder einfach einen gemütlichen Nachmittag in unseren Gruppenraum, zum Diskutieren oder Spiele machen, nutzen möchten, dann rufen Sie uns einfach mal an.